Auril und das Lied des Waldes

Shownotes

Das Elfenmädchen Auril erfährt, dass sie die Nachfolgerin ihres Großvaters, des Elfenkönigs, werden soll. Um ihre Bestimmung zu erfüllen und das Reich der Elfen zu beschützen, muss sie eine Glücksfeder des seltenen Piri-Vogels finden. Im summenden Wald entdeckt sie einen dieser seltenen Vögel, doch ihr Versuch eine Feder zu stibitzen misslingt ihr erst einmal...
Eine magische Geschichte über das Verhalten untereinander und der Wirkung nach außen.

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Auril und das Lied des Waldes

Die Sonne ging gerade unter. Ihre Sonnenstrahlen streichelten die Spitzen der Grashalme, die sanft durch den Wind umher wogen. Alles war in ein wundervolles orangerotes Abendlicht getaucht. Die ersten Lampenflieger schlüpften aus ihren Höhlen und schwebten wie kleine fliegende Laternen langsam durch die Luft. Auril die Elfe liebte diese magischen Käfer, mit ihrem großen kugelförmigen goldenen Licht. Die Welt um Auril wirkte sehr friedlich und ruhig, doch in der kleinen Elfe war es alles andere als ruhig. Sie war innerlich aufgewühlt. Sie hatte erfahren, dass sie die Nachfolgerin ihres Großvaters Bernubil werden sollte. Ihr Großvater war der Elfenkönig. Ausgerechnet sie sollte die Elfenkönigin werden, nicht etwa ihre Geschwister, nein, sondern sie, die jüngste und kleinste der Familie. Ihr Großvater war der weiseste, klügste, großherzigste und mächtigste Elf, den Auril kannte. Wie sollte sie seinen Platz jemals einnehmen können?

Die Elfe faltete ihre goldenen Flügel aus und flog mit Schwung hinauf in die Lüfte. Sie flog durch die Blätterdächer der Bäume bis in die Wolken. Dann sauste sie im Sturzflug wieder hinab, machte einen Looping und landete auf dem höchsten aller Bäume. Auf ihrem Heimatbaum Einapalon. Dort setzte sie sich auf einen dicken, breiten Ast, umschlang ihre Beine mit ihren Armen und blickte über das weite Tal. Bei dem Anblick wurde ihr Herz sofort von einem warmen Gefühl durchströmt. Ihre Heimat war wundervoll. Auril liebte das Reich der Elfen. Es war der magischste Ort, den sie kannte. Er war geheim und verborgen. Man konnte ihn nur betreten, wenn man ein reines Herz hatte und in Frieden kam. Jedem der nur den kleinsten schlechten Gedanken in sich trug, blieb der Eingang verborgen.

Wohlgesonnenheit, Liebe und Freundlichkeit zeichneten diesen Teil der Welt aus. Doch Auril musste ihn verlassen, um eine Feder des äußerst seltenen Pirivogels zu ergattern. Diese Feder würde ihre Elfenkrone zieren und sie zur Königin machen. Und nicht nur das, sie würde das Reich der Elfen beschützen. Die Feder des gelben Pirivogels brachte seinem Besitzer nämlich großes Glück und wenn der König oder die Königin sie besaß würde dadurch das Glück an alle Elfen weitergegeben werden. Aus diesem Grund war es seit Jahrhunderten Tradition bei den Elfen, dass die neue Königin oder der neue König es schaffen musste eine solche Feder zu bekommen. Gelang dies einem angehenden Thronanwärter nicht, so war derjenige nicht dazu berechtigt seinen Platz auf dem Thron einzunehmen.

Aurils Großvater war davon überzeugt, dass sie es schaffen würde eine solche Feder zu bekommen. Also blieb ihr nichts anderes übrig als im Morgengrauen loszuziehen und sich ihrer möglichen Bestimmung zu stellen. Sie summte das Lied ihrer Ahnen. Es handelte von einem prächtigen Pirivogel, der all das Glück und den Frieden in das Reich der Elfen gebracht hatte, indem er ihnen eine seiner Glücksfedern geschenkt hatte. Das Lied stimmte Auril zuversichtlich ihre Aufgabe meistern zu können. Die junge Elfe beruhigte sich und schlief auf einem Blatt ihres Heimatbaumes Einapalon ein. Ihr Großvater war weise. Sie war sich sicher, dass er wusste wieso er ausgerechnet sie ausgewählt hatte.

Am nächsten Morgen erwachte Auril als der Wind die Blätter von Einapalon in Schwung brachte, um sie aufzuwecken. Auril sollte keine Zeit verlieren. Der Wind flüsterte der kleinen Elfe viel Glück zu.

Auril flatterte zu einer Honigblüte und frühstückte erst einmal. Frisch gestärkt flog sie zum dem Elfentor, das sowohl der Eingang zu dem Reich der Elfen war, als auch dessen Ausgang. Auril war noch nie hindurch gegangen. Sie kannte die Welt dort draußen nicht. Noch nicht. Doch sie wusste, dass auch diese Welt schön und besonders war und sie sich nicht fürchten musste.

Auril flog durch das Elfentor. In ihrem Magen kribbelte es ein wenig. Doch schnell wurde ihr mulmiges Gefühl von ihrer eigenen Neugier vertrieben. Sie entdeckte riesengroße majestätische Tiere, die Elefanten ähnelten. Sie waren hellgrau, hatten riesige Ohren und hatten einen ähnlichen Körperbau wie Elefanten. Allerdings hatten diese Tiere keinen Rüssel, sondern eine kleine, runde, knubbelige Nase, riesengroße Knopfaugen und einen langen Haarschopf auf dem Kopf. Unzählige von ihnen grasten auf einer Wiese. Sie wirkten sehr sanftmütig. Auril sprach einen von ihnen an. „Hallo, ich bin Auril. Ich bin zum ersten Mal hier. Ich suche nach einem Piri-Vogel. Weißt du wo ich einen finden kann?“

Der sanfte Riese, der sogar größer als Aurils Heimatbaum Einapalon war, drehte langsam seinen Kopf nach ihr um und suchte mit seinen riesigen Augen nach ihr. Das dauerte einen Moment, doch er entdeckte sie.

„Hallo kleine Elfe. Ich bin Aschandril. Einen Piri-Vogel findest du am ehesten im summenden Wald. Den summende Wald findest du auf der Hochebene dieses Gebirges.“ Aschandril zeigte mit seinem Kopf in die Richtung der Berge, die hinter der Wiese begannen. Auril kniff die Augen zusammen und konnte hoch oben tatsächlich einen dicht bewachsenen Urwald sehen. Aschandril sah die kleine Elfe freundlich an: „Hüte dich vor den Winden. Sobald du den summenden Wald erreichst, solltest du deine Flügel nicht mehr benutzen und lieber laufen. Der Wind dort macht was er will. Ihm ist nur das Konzert wichtig.“

Das Konzert? Was meinte der sanfte Riese damit. Doch Aschandril wollte sich nicht mehr weiter mit Auril unterhalten. Er wollte sich viel lieber wieder dem köstlichen Weidegras widmen. Er bückte sich um weiter fressen zu können und sagte dabei zum Abschied: „Das wirst du schon sehen. Mach`s gut kleine Elfe und viel Glück.“

Auril blieb wohl nichts anderes übrig als es selbst herauszufinden. Sie flog hinauf zu der Hochebene. Das war sehr anstrengend, denn der Wald lag wirklich sehr weit oben und sie hatte schon jetzt mit vielen starken und unvorhersehbaren Luftströmungen zu kämpfen. Doch die Elfe schaffte es. Etwas erschöpft landete sie am Rande des summenden Waldes. Sie war froh ihren Flügeln eine Pause gönnen zu können. Doch wie würde sie nun einen Pirivogel finden? Ohne ihre Flügel würde sie nicht sehr schnell vorankommen.

Aurils Gedanken wurden von einem wundervollen Klang unterbrochen. Vor ihr tanzte eine kleine Blume im Wind. Dabei entstand ein immer wiederkehrender Ton. Es war wie der Auftakt eines Liedes. Und tatsächlich, weitere Windstöße kamen von links und rechts und von scheinbar überall her und wackelten an verschiedenen Büschen, Bäumen, Blättern und Blumen.

Während Auril in den Wald hinein lief, ertönte ein wundervolles Konzert. Jede Pflanze hatte einen eigenen Klang oder summte eine andere Melodie. Das faszinierende daran war, dass alle Töne zusammen perfekt miteinander harmonierten und gemeinsame ein unglaublich schönes Lied ergaben. Das Schönste, das Auril jemals gehört hatte. Sie würde den herrlichen Klang des summenden Waldes niemals vergessen. Er nahm sie völlig ein.

Auril hatte bei dem wundersamen Konzert ihre eigentliche Aufgabe schon fast vergessen als plötzlich, ganz unerwartet ein prächtiger, riesiger Vogel über ihren Kopf hinweg flog, der mit seinem Zwitschern das Konzert noch harmonischer und beeindruckender machte. Die Elfe wusste sofort was das für ein Tier war. Ein Piri-Vogel. Der Vogel des Glücks. Auril rannte ihm nach. Doch sie war etwas zu langsam. Der Urwald war dicht bewachsen. Sie kam nur mühsam voran. Allerdings hatte sie gesehen in welche Richtung der Vogel geflogen war. Die Elfe arbeitete sich zielstrebig durch das Dickicht voran. Das war gar nicht so leicht. Am liebsten wäre sie geflogen, doch sie hielt sich sicherheitshalber an den Rat, den sie bekommen hatte. Denn sie spürte auch am Boden die unvorhersehbaren Windströmungen.

Auril kletterte auf einen dicken Stamm und schwang sich mit einer Liane zum benachbarten Baum hinüber. Etwas weiter oben gelang es ihr schneller voranzukommen als durch das dicht bewachsene Unterholz. Bei all ihren Bewegungen wurde sie von der wundervollen Musik des summenden Waldes begleitet. Als Auril gerade dabei war zum Sprung anzusetzen, um auf einen naheliegenden Ast zu hüpfen, entdeckte sie etwas gelbes oben in der Baumspitze. Es war eindeutig die gleiche Farbe wie des Piri-Vogels, den sie zuvor am Himmel gesehen hatte. Auril hielt inne und kletterte dann vorsichtig und möglichst leise weiter nach oben, um besser sehen zu können. Es waren tatsächlich die Schwanzfedern des Piri-Vogels, die sie erspäht hatte. Er saß gemütlich auf einem Ast und bemerkte die Elfe nicht. Auril schlich sich an. Sie wollte die Chance nutzen und dem Vogel eine Feder stibitzen. Doch gerade als sie nach den Federn des Vogels greifen wollte, kam ein äußerst starker Windstoß. Die Elfe kam ins Schwanken, verlor das Gleichgewicht und fiel vom Baum. Ein Glück war der summende Wald auch magisch: In Windeseile faltete eine Riesenblume ihre Blütenblätter auf und fing die kleine Elfe sanft auf. Eine große Wolke aus Blütenstaub wurde durch den Aufprall aufgewirbelt. Auril musste mehrfach niesen. Sie war dennoch sehr froh, dass die Blume sie aufgefangen hatte. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch das Konzert des Waldes bedrohlicher wirkte. Hatte sie einen Fehler gemacht? Der Wind hatte sie ganz eindeutig davon abgehalten dem Vogel die Feder zu stehlen. Auf diese Art würde sie die Feder also niemals bekommen können, denn wenn der Wind auf der Seite des Vogels war, hatte sie keine Chance. Der Wind war viel mächtiger als eine Elfe es jemals sein könnte.

Auril überlegte. Vielleicht hätte sie nicht versuchen sollen die Feder einfach zu stehlen? Es war schließlich nicht richtig etwas von jemandem einfach so wegzunehmen ohne zu fragen. Die Elfe hatte eine Idee. Sie stimmte das Lied ihrer Ahnen an. Zu ihrem Erstaunen wurde es um sie herum vollkommen ruhig. Er wirkte als würde ihr der ganze Wald zuhören. Als das Lied zu Ende war, ergänzte Auril es um eine weitere Strophe. Sie bat darin den Wald und den Piri-Vogel um eine Feder des Glücks und erklärte warum sie sie haben wollte. Sie wollte damit als zukünftige Königin das Reich der Elfen beschützen und allen Elfen Glück bringen.

Auril verstummte und wartete einen Moment. Sanft stimmte der Wald ein neues Lied an. Es klang leicht und wurde immer fröhlicher. Dann verstummte es und der Gesang des Piri Vogels erklang. Er kam angeflogen und landete direkt vor Auril. Er blickte ihr tief in die Augen und sprach dann in einem sanften Singsang: „Kleine Elfe. Ich gebe dir eine meiner Federn, weil ich dir glaube, dass du damit viel Gutes tun wirst und es mit allen Elfen und den anderen Lebewesen deines zukünftigen Reiches teilen wirst. Glück und Freude werden noch viel mehr, wenn man sie teilt.“

Dann erhob er sich und flatterte wieder davon. Erstaunt entdeckte Auril welch großartiges Geschenk er ihr hinterlassen hatte. Eine seiner Federn lag direkt vor ihr auf dem Boden. Sie nahm sie überglücklich an sich und bedankte sich voller Freude bei dem Vogel und dem summenden Wald.

Auril hatte ihre Aufgabe gemeistert. Sie hatte eine Feder des Glücks geschenkt bekommen.

Voller Freude machte sich die Elfe auf den Heimweg. Sie war froh, dass sie ihre Aufgabe gemeistert hatte und sie erfreute sich daran, dass sie diesen wundervollen Ort erleben durfte. Auril dichtete eine weitere Strophe an das Lied ihrer Ahnen, die vom summenden Wald erzählte und auch die Dankbarkeit über das kostbare Geschenk des Piri-Vogels ausdrückte. So kehrte die kleine Elfe Auril mit der Feder im Gepäck zurück in ihr Heimatreich. Sie hatte gelernt, dass es nicht unbedingt darauf ankommt wie groß oder stark man ist, sondern wie man mit anderen umgeht und sein Glück für das Wohl aller einsetzt. Auril war sich sicher, dass das Glück und die Zufriedenheit nicht nur in der Feder des Vogels liegen, sondern in jedem einzelnen von ihnen, ihrer Einstellung und wie sie miteinander umgehen.

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